Die Kommunikationsanalyse beschreibt den Informationsfluss. Sie untersucht die Bedeutung eines Ereignisses, einer Rede oder eines Artefakts, indem es sie unter das Mikroskop der rhetorischen Theorien und Techniken legt. Die Ermittlung der zentralen Elemente einer Kommunikation kann helfen, einen Aufsatz zu verfassen, der die Perspektive des Leser erweitert.
"Um das sprachliche Verhalten und die Absichten von Dialogpartnern in Sprechsituationen zu verstehen, muss man beobachten, wie ihre Kommunikation in größere Handlungszusammenhänge eingebettet ist, wie sprachliche Handlungen zur Verständigung, zur Kooperation oder zum Konkurrenzkampf sowie zum Erreichen ihrer Ziele eingesetzt werden und woran es liegt, dass Kommunikation gelingt oder misslingt.
Dabei ist zu untersuchen (Gesprächsanalyse, Dialoganalyse), wie sich die spezifischen Umstände der Situation, die Handlungen und die Rede- oder Gesprächsbeiträge gegenseitig beeinflussen.
Diese Analyse ist anwendbar auf szenische Texte, sowohl auf dialogische Partien in Erzähltexten als auch auf Szenen in Schauspielen, Hörspielen etc. Zudem erweist sich die Kommunikationsanalyse auch bei Dialogen zwischen Menschen oder Organisationen als hilfreich." Quelle: Günther Einecke (http://www.fachdidaktik-einecke.de/ — 2003-2022)
Inhalt
Aufbau
Situationsanalyse
Welche Faktoren der Situation bestimmen vor allem die Art und das Zusammenspiel des Handelns und des Redens?
- Äußere Umstände: Ort, Raum, Zeit, Klima, Gegenstände, Umstände, Atmosphäre,
- Personen: Personenkonstellation, Rollenverteilung, persönliche Situation, Gefühle,
- gesellschaftliche Bedingungen: politische, gesellschaftliche, epochale Bedingungen, Normen, wirtschaftliche Lage, etc.
- Veränderungen der Situation: Leben zu Tod, Macht zu Ohnmacht, Kälte zu Hitze
- medialer Kontext: Hörfunkinterview, Fernseh-Talkshow, Podiumsdiskussion…
Handlungsanalyse
Welche Handlungen wirken vor allem auf die Situation und das Gespräch ein oder gehen aus ihnen hervor?
- Handlungsträger und Entscheidungsträger; bewusstes, gesteuertes, spontanes Handeln; gezieltes, reaktives oder provoziertes Handeln
- Handlungsspielraum, Handlungsalternativen;
- Handlungsablauf:
- vorausgehende Handlungen (Auslöser): ein Kopfschütteln, eine freundlicher Klaps auf die Schulter...
- Folgehandlungen (Ergebnis): eine Ablehnung, ein Handschlag, ein Vertrag...
- Arten des Handelns:
- konkrete Handlungen: aufstehen, Kaffee eingießen, Formular reichen...
- nonverbale Handlungen: lächeln, sich räuspern, mit den Fingern trommeln...
- symbolische Handlungen und Rituale: Blumen überreichen...
- erinnerte Handlungen: Erfahrungen mit dem Gegenüber
- vorgestellte Handlungen: unterdrückte Wunschvorstellungen, erwartete Handlungen in der Zukunft ... etc.
- Handlungseffekte: Zielerreichung, Situationsänderung, Veränderung der Beziehung, Veränderung der Sprechmöglichkeiten etc.
Rede-/Gesprächsanalyse
Welche Bedeutung haben Gesprächs- oder Redeteile für die Situation und die konkreten Handlungen?
- Sprachhandlungen, verbale Handlungen: bitten, danken, nötigen, fordern, lügen, beschuldigen, Rat erteilen, bestreiten, unterstellen, rechtfertigen, widersprechen, zustimmen, schmeicheln...
- Sprachstile der Figurenreden: zeittypische Formen, geschlechtsspezifische; enge personale Perspektive...
- Gesprächsorganisation: Ordnung, Vergabe des Rederechts, Sprecherwechsel, Themenwechsel, Unterbrechungen, Pausen
- Gesprächstypus: Verhör, Interview, Enthüllungsgespräche, zerstreute und zerfallene Gespräche, Einschüchterungsgespräche, Entscheidungsgespräche, Diskurs, Konversation, Ritual
- Redesequenzen: typische Abfolge der Beiträge z.B. „Streitgespräch“ mit Vorwurf ‑ Rechtfertigung & Gegenvorwurf / Ausweichen / Verstärken des Vorwurfs - Aggression / Beschwichtigung; oder: „Interview“ mit Frage - Antwort - Gegenfrage
- Gesprächsinitiativen: Impulse, Redeanteile, Dominanz
- Gesprächsstörungen: mangelnde Eindeutigkeit, Missverständnis, Ironie, Zweideutigkeit, Anspielungen, Zurückhaltung von Informationen, Formen der Zensur, des Lügens, der Täuschung, des Übergehens, schlechter Adressatenbezug
- Rederichtung: dialogisch, monologisch, innerer Monolog, öffentliche Rede
- Redemittel: rhetorische Mittel, bildliche Mittel, Redewendungen
- Offenheit der Rede: offene und verdeckte Äußerungen; direkte und indirekte Aussagen; das Gesagte – das Gemeinte – das Mitgemeinte; Redetext und -subtext; Konnotationen, Verschlüsselungen, Andeutungen; Vorgänge auf der Inhaltsebene und der Beziehungsebene, insbesondere Diskrepanzen und Widersprüche
Quelle: Einecke, Günther: Unterrichtsideen Textanalyse und Grammatik. Vorschläge für den integrierten Grammatikunterricht. Klett: Stuttgart (1993) 1995, 157 f.
Beobachtungsebene
Diese drei Beobachtungsebenen der Textanalyse werden an verschiedenen Texten nacheinander eingeführt, ehe sie zugleich an einem Text komplex eingesetzt werden. Dabei ist wesentlich, dass die Schülerinnen und Schüler an einigen Beispielen „Sprachhandlungen“ verstehen lernen.
Der eigentliche Interpretationsvorgang beginnt dann mit Erklärungsvorgängen:
- ► zum einen auffällige Phänomene oder Veränderungen in einer Situation herausstellen.
- ► zum andern Verknüpfungen zwischen den Ebenen herstellen: Wie kann man etwas auf einer Ebene mit einem Vorgang auf einer anderen erklären?
Quelle: Günther Einecke (http://www.fachdidaktik-einecke.de/ — 2003-2022)
Beispiel aus den Medien:
Cetin, Emel (Universität Duisburg-Essen 2006): "Ich mein' wir müssen die Kirche doch auch mal im Dorf lassen" - Eine linguistische Analyse des Verhaltens Gerhard Schröders in der Berliner Runde vom 18. September 2005
Literatur
Kommunikationsanalyse: Dialoganalyse, Diskursanalyse, Konversationsanalyse...) / Gegenstände: authentisches Material oder analog einsetzbare literarische Texte: Erzählprosa und Dialogszenen / Q = Textquellen)
- Beilhardt u.a.: Formen des Gesprächs im Drama. Stuttgart: Klett 1975
- Brinker, Klaus / Sager, Sven F.: Linguistische Gesprächsanalyse. Berlin: Schmidt (2) 1996
- Brünner, Gisela: Kommunikation in institutionellen Lehr-Lern-Prozessen. Tübingen: Narr 1987 - Q
- Bd.1. Mogge, Brigitta: Die Sprachnormdiskussion in Presse, Hörfunk und Fernsehen. Stuttgart: Klett-Cotta 1980 - Q
- Bd.2. Radtke, Ingulf: Die Sprache des Rechts und der Verwaltung. ebd. 1981 - Q
- Bd.3. Mogge,B./Radtke,I.: Schulen für einen guten Sprachgebrauch. ebd. - Q
- Ders.: Kommunikative Funktionen der Sprache. Ebd. 1975
- Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung (Hrsg.): Der öffentliche Sprachgebrauch
- Einecke, Günther: Unterrichtsideen Textanalyse und Grammatik. Vorschläge für den integrierten Grammatikunterricht. Stuttgart: Klett 1993 (21995), 18 ff., 156 ff.
- Fritz, G. / Hundsnurscher, F. (Hrsg.): Handbuch der Dialoganalyse. Tübingen 1994
- Goffman, E.: Interaktionsrituale. Frankfurt: Suhrkamp 1971
- Hannappel, H. / Melenk, H.: Alltagssprache. München (3) 1990
- Heinze, Helmut: Gesprochenes und geschriebenes Deutsch. Vergleichende Untersuchung von Bundestagsreden und deren schriftlich aufgezeichneter Version. Düsseldorf: Schwann 1979 - Q
- Ide, Heinz (Hrsg.): Kommunikationsanalyse I/II. Projekt Deutschunterricht Bd. 11/12. Stuttgart: Metzler 1976/77 - Q
- Institut für deutsche Sprache (Hrsg.): Pragmatik in der Grammatik. Jahrbuch 1983. Reihe: Sprache der Gegenwart. Düsseldorf: Schwann: 1984. - ebd.: Gesprochene Sprache. Jahrbuch 1972. ebd. 1974. - ebd: Dialogforschung. Jahrbuch 1980. ebd. 1981. - ebd: Kommunikationstypologie. Handlungsmuster, Textsorten, Situationstypen. Jahrbuch 1985. ebd. 1986
- Kallmeyer, Werner/ Schütze, Fritz: Konversationsanalyse. In: Studium Linguistik H.1, S.1-28. Kronberg: Scriptor 1976 -Q
- Klotz, Peter: Sprachliches Handeln und grammatisches Wissen. DU 4 / 1995, 3 ff.
- Laing, R.D. u.a.: Interpersonelle Wahrnehmung. Frankfurt 1971
- Mackeldey, Roger: Alltasssprachliche Dialoge. Kommunikative Funktionen und syntaktische Strukturen. Leipzig: Verlag Enzyklopädie 1987 - Q
- Melenk, Hartmut: „Jetzt, wo alles Schreckliche hinter mir liegt...“ - Elementare Kommunikationsregeln und ihre Durchbrechung. DD 142 / 1995, 148 ff.
- Molcho, Samy: Alles über Körpersprache. Mosaik
- Morgenthaler, Erwin: Kommunikationsorientierte Textgrammatik. Ein Versuch, die kommunikative Kompetenz zur Textbildung und -rezeption aus natürlichem Sprachvorkommen zu erschließen. Düsseldorf: Schwann 1980 - Q
- Nutz, Maximilian/Reinhold, Friedrich: Mündliche Kommunikation. München: Oldenbourg -Q
- Rath, Rainer: Kommunikationspraxis. Analysen zur Textbildung und Textgliederung im gesprochenen Deutsch. Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht 1979 - Q
- Ramge, Hans: Alltagsgespräche. Frankfurt: Diesterweg
- Riesel, E.: Der Stil der deutschen Alltagsrede. Leipzig 1970
- Sandig, B.: Beispiele pragmalinguistischer Textanalyse. In: DU H.1/1973, S.5-23 - Q
- Saße, Günter / Turk, Horst (Hrsg.): Handeln, Sprechen und Erkennen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1978 - Q
- Schmachtenberg, Reinhard: Sprechakttheorie und dramatischer Dialog. Tübingen 1982
- Schmidt, Wilhelm u.a.: Funktional-kommunikative Sprachbeschreibung. Leipzig: Bibliogr. Institut 1981 - Q
- Schober, Otto (Hrsg.): Sprachbetrachtung und Kommunikationsanalyse. Frankfurt: Scriptor 1980 - Q
- Schulz von Thun, Freidemann: Miteinander reden 1 / 2. Psychologie der Kommunikation. Reinbek: Rowohlt 1981
- Schurf, Bernd / Heinze, Norbert: Literatur und Interaktion. Limburg: Frankonius 1979
- Sehringer, Wolfgang: Konfliktanalyse im Unterricht. Stuttgart: Klett 1974 - Q
- Stadler, B.: Sprechhandeln und Grammatik. Bd.1/2. München: Oldenbourg 1977
- Strecker, Bruno: Strategien des kommunikativen Handelns. Düsseldorf: Schwann 1987
- Sucharowski, Wolfgang: „Ich wollte dich noch etwas fragen, aber du wirst es bestimmt nicht wissen.“ [Imagepflege im Gespräch]. DD 65/1982, 213 ff.
- Texte gesprochener deutscher Standardsprache III/IV. München 1975/1978 - Q
- Thiel,Gisela/ Thome, Gisela: Resolutionen. Tübingen: Narr 1987 - Q
- Tomczyk-Popinska, Ewa: Linguistische Merkmale der deutschen gesprochenen Standardsprache. In: Deutsche Sprache H. 4/87, S.336 -357. Berlin: Erich Schmidt 1987
- Wagner, Klaus R.: Sprechplanung. Empirie, Theorie und Didaktik der Sprecherstrategien. Frankfurt: Hinschgraben 1978 - Q
- Watzlawick, P. u.a.: Menschliche Kommunikation. Bern 1969
- Weiss, Andreas: Syntax spontaner Gespräche. Einfluß von Situation und Thema auf das Sprachverhalten. Düsseldorf: Schwann 1975 - Q
- Wolff, Gerhart: Sprechen und Handeln. Pragmatik im Deutschunterricht. Frankfurt: Scriptor 1981
- Wunderlich, Dieter (Hrsg.): Linguistische Pragmatik. Frankfurt: Athenäum 1972 - Q
- Wunderlich, Dieter: Grundlagen der Linguistik. Reinbek: Rowohlt 1974
- Wunderlich, Dieter: Studien zur Sprechakttheorie. Frankfurt: Suhrkamp 1976 - Q
- Zifonun, Gisela: Kommunikative Einheiten in der Grammatik. Tübingen: Narr 1987 - Q
Quelle: Günther Einecke (http://www.fachdidaktik-einecke.de/ — 2003-2022)
Weitere interessante Artikel zum Thema: